Warum Partner so wichtig sind
Nov. 10, 2020
Seit 1988 haben sich mehr als eine Million Rotary-Mitglieder ehrenamtlich im Kampf gegen Kinderlähmung engagiert. Dank ihrer sozialen Führungsrolle schaffen sie ein Problembewusstsein, werben Spenden ein und fordern die Regierungen der einzelnen Länder zur Finanzierung und anderweitigen Unterstützung von Maßnahmen im Kampf gegen Kinderlähmung auf. Die Ausrottung von Polio ist jedoch eine komplexe Aufgabe, die Rotary nicht allein übernehmen kann. Unsere Partner in der Global Polio Eradication Initiative (GPEI) bieten technische Unterstützung, untersuchen Ausbrüche, kümmern sich um die Impfstoffverteilung und erledigen vieles mehr. „Aus unserer Arbeit im Kampf gegen Kinderlähmung und unseren Schwerpunktbereichen wissen wir, dass wir mehr erreichen, wenn wir die Expertise unserer Partner nutzen“, so Mark Wright, ein Nachrichtensprecher und Mitglied des Rotary Clubs Seattle. Wright moderierte ein Gespräch mit Führungskräften verschiedener GPEI-Partner von Rotary zu ihren Erfahrungen der letzten Monate im Kampf gegen die COVID-19-Pandemie sowie den Möglichkeiten von Rotary, die Erfahrung bei der Bekämpfung von Polio sinnvoll einzusetzen und eine führende Rolle beim Schutz von Menschen auf der ganzen Welt zu spielen. Das Gespräch fand während der Rotary Virtual Convention im Juni 2020 statt und wird hier in bearbeiteter und gekürzter Form wiedergegeben.
MARK WRIGHT: Welche Rolle hat die Erfahrung aus dem Kampf gegen Kinderlähmung bei der weltweiten Reaktion auf COVID-19 gespielt?
HENRIETTA FORE: Lassen Sie mich ein Beispiel herausgreifen: die gemeinsame Arbeit von Rotariern, UNICEF und all unseren Partnern bei der Schulung von medizinischen Fachkräften. Sie sind das Rückgrat des gemeinnützigen Engagements,
das aus unserem Programm zur Ausrottung von Polio erwachsen ist. Alle Rotary-Mitglieder sollten stolz auf die von uns geschaffene Infrastruktur sein, die jetzt im Kampf gegen COVID-19 genutzt wird.
CHRISTOPHER ELIAS: Im Lauf von 35 Jahren wurde durch die weltweite Initiative zur Ausrottung der Kinderlähmung eine unglaubliche Infrastruktur aufgebaut: Labortests, Überwachung und Hunderttausende Helfer, die in Polio-Kampagnen auf der ganzen Welt Impfungen durchführen. In nahezu jedem Land, in dem die Initiative zur Polioeradikation aktiv ist – das sind mehr als 50 Länder – wurde diese Infrastruktur für den Kampf gegen COVID-19 zur Verfügung gestellt. Viele der Mitarbeiter vor Ort, die in den Bereichen Kontaktverfolgung, Überwachung und Ermittlung von COVID-19-Fällen eingesetzt sind, stammen aus dem Polio-Programm. In der letzten Woche habe ich mit dem Gesundheitsminister von Pakistan gesprochen. Er hat mir, Rotary und den anderen Polio-Partnern dafür gedankt, dass sich das Polio-Team in Pakistan bei der Bekämpfung des COVID-19-Ausbruchs engagiert. Die gleiche Situation haben wir in vielen anderen Ländern. Die ganze Welt, insbesondere die ärmsten Länder, in denen wir gegen die letzten Polio-Fälle angekämpft haben, profitiert von der Infrastruktur, die die Polio-Initiative in den letzten drei Jahrzehnten aufgebaut hat.
REBECCA MARTIN: STOP (Stop Transmission of Polio)-Teams werden von uns vor Ort zur Überwachung eingesetzt, damit wir uns bei Entscheidungen auf aktuelle Daten stützen können. In den 32 Ländern, in denen wir STOP-Teams vor Ort haben, haben die Mitarbeiter Anfang Mai 48 % ihrer Zeit für COVID-19-Maßnahmen wie die Kontaktverfolgung und die Kommunikationsplanung zu Social Distancing sowie der Bedeutung von Quarantänemaßnahmen, Datenanalyse und Datenerfassung aufgewendet. Das war beispielsweise in Liberia, Nigeria und Pakistan der Fall. Mehr als 18.000 GPEI-Mitarbeiter helfen bei der Schulung von medizinischen Fachkräften, bei Infektionsschutzmaßnahmen und bei der Risikokommunikation. Wir sehen also schon jetzt, dass die Polio-Initiative eine große Rolle bei der Unterstützung im Kampf gegen COVID-19 spielt.
WRIGHT: Was kann Rotary aus der Partnerschaft und der Erfahrung bei der Bekämpfung von Kinderlähmung lernen, das uns dabei hilft, die Auswirkungen unserer Arbeit in anderen Bereichen besser zu definieren und zu bewerten?
BRUCE AYLWARD: Was Rotary in unseren Augen auszeichnet, ist das enorme Engagement der Mitglieder und die Präsenz in ihren jeweiligen Heimatgemeinden. Meiner Meinung nach ist eine der größten Stärken die Fähigkeit, gemeinsam etwas zu bewegen, wenn wir mit großen Herausforderungen wie der Bekämpfung von Polio oder jetzt COVID-19 konfrontiert sind. Und auch in Zukunft werden wir es mit anderen Herausforderungen zu tun haben. Man baut Vertrauen auf. In ruhigen Zeiten entwickelt man lokale Partnerschaften mit Projekten auf Clubebene und Initiativen, die der Gesellschaft zugute kommen. Wenn dann größere Krisen auf einen zukommen, hat man bereits die Brücken gebaut, auf die Partner wie die Weltgesundheitsorganisation zurückgreifen können.
WRIGHT: Können Sie uns mehr über die Partnerschaft zwischen Ihren Organisationen und Rotary International erzählen? Wie hat bisher die Zusammenarbeit funktioniert und welche Highlights fallen Ihnen ein, die wir gemeinsam erreicht haben?
FORE: Für mich ist die wichtigste Erkenntnis, dass Partner über unterschiedliche Kompetenzen verfügen und Partner wichtig sind. Es ist ein bisschen wie in einer Ehe, egal ob Sie mit Ihrem Ehemann oder Ihrer Ehefrau 20, 40 oder 50 Jahre lang verheiratet sind. Wie gehen Sie aufeinander ein und in welchem Maße zeigen Sie dem anderen gegenüber Liebe und Respekt? Wir haben Rotary-Mitglieder in jedem Land lieben und schätzen gelernt. Rotary-Mitglieder krempeln einfach die Ärmel hoch. In einigen Ländern packen sie vor Ort mit an und arbeiten mit Sozialarbeitern zusammen. In anderen Ländern führen sie Umfragen durch und überprüfen die Qualität der Leistungen, die in den jeweiligen Gemeinden erbracht werden. In anderen Fällen sprechen sie mit den Politikern, damit denen die Bedeutung der Ausrottung von Polio in ihrem Land bewusst ist und sie sich dafür engagieren. Wenn wir als Team zusammenarbeiten, können wir alle Maßnahmen in die Wege leiten, die zum Sieg über Polio notwendig sind.
ELIAS: Für mich ist an unserem Verhältnis entscheidend, dass es sich um eine Partnerschaft handelt. Es geht nicht nur um die Finanzierung. Zwar sorgen wir gemeinsam für die Finanzierung unserer wichtigen Partner, die den Polio-Impfstoff weltweit verteilen. Wir haben jedoch auch in der Leitung der Global Polio Eradication Initiative zusammengearbeitet. In den letzten 10 Jahren habe ich mit einigen Führungskräften von Rotary zusammengearbeitet. Dabei ging es um die Entwicklung einer Strategie und darum, den Fokus auf die bereits erreichten Fortschritte und die Möglichkeit der Ausrottung einer Plage zu lenken, die viele Jahre lang Kinder getötet und gelähmt hat; und das in einem Umfeld, in dem viele Interessen um die Aufmerksamkeit im Bereich der weltweiten Gesundheit und Entwicklung konkurrieren. Wir haben uns gemeinsam um die Finanzierung gekümmert, haben uns gemeinsam engagiert und viele Rotary-Mitglieder haben Polio-Kampagnen auf der ganzen Welt unterstützt. Es handelt sich um eine unserer wichtigsten Partnerschaften beim erfolgreichen Engagement für eines der wichtigsten Themen, für die sich die Bill & Melinda Gates Foundation einsetzt.
MARTIN: Der wichtige und entscheidende Beitrag, den Rotary leistet, sind die einzelnen Rotary-Mitglieder, die sich gemeinsam auf kommunaler, nationaler und internationaler Führungsebene engagieren, und deren einzigartige Fähigkeit, Dinge zu bewegen, die sie schon seit mehr als drei Jahrzehnten immer wieder unter Beweis stellen. Gemeinsam mit Rotary konnten wir wichtige Führungskräfte und Influencer erreichen und dadurch letztendlich Kinder in Indien, Nigeria, Pakistan und vielen anderen Ländern impfen. Rotary war außerdem ein starker Partner der CDC bei unserem Kampf gegen Malaria und HIV sowie bei unseren Bemühungen in den Bereichen Wasser- und Abwasserversorgung sowie Hygiene. Wir haben in Ländern wie Indien, Nigeria und Südafrika bei den Rotary Family Health Days eng zusammengearbeitet und konnten so bei Immunisierung, HIV-/AIDS-Prävention und Gebärmutterhalskrebs-Vorsorge Erfolge erzielen.
WRIGHT: Die Gesellschaft und andere Organisationen können sich in Krisenzeiten auf Rotary verlassen. Wie können wir als Partner noch effektiver helfen?
AYLWARD: Da Rotary die Langzeitfolgen der derzeitigen Pandemie im Blick hat, denke ich, dass es an der Zeit ist, Ihre Prioritäten und die Prioritäten der Rotary Foundation zu überprüfen, um zu ermitteln, ob wir in den richtigen Bereichen aktiv sind. Für Rotary fällt diese Bilanz positiv aus, ja, Sie konzentrieren sich auf die richtigen Bereiche. Wenn wir uns die Herausforderungen bei der Rettung von Leben und der Vermeidung von Erkrankungen durch COVID-19 ansehen, waren einige unserer größten Hindernisse Analphabetismus, Armut und marginalisierte Bevölkerungsgruppen. Diese Probleme haben für Rotary als bedeutender Hilfsorganisation schon immer Priorität.
• Der Originalbeitrag erschien in der Oktober-Ausgabe 2020 des Rotary Magazins.