Polioeradikation - die Zielgerade ist die schwierigste Etappe

Eradikationsprogramm-Direktor Jay Wenger von der Gates Foundation erklärt, warum die Ausrottung der Kinderlähmung so wichtig ist.

Schon als Kind wollte ich Arzt werden, hatte aber mehr daran gedacht, als Landarzt oder Allgemeinmediziner zu arbeiten. Später begann ich, mich für Infektionskrankheiten zu interessieren. An den Centers for Disease Control and Prevention (CDC), der US-Bundesbehörde, die für Krankheitskontrolle und Prävention zuständig ist, machte ich eine Zusatzausbildung in der Epidemiologie von Infektionskrankheiten.

Dort arbeitete ich in einer Gruppe, die sich hauptsächlich mit bakterieller Meningitis beschäftigte, einer Krankheit, bei der Gehirn und Rückenmark infiziert werden. Der Impfstoff gegen das Bakterium Haemophilus influenzae Typ B (Hib) war gerade erst entwickelt worden. Mit der flächendeckenden Impfung von Kindern sank die Zahl der Krankheitsfälle von Tausenden auf einige Dutzend pro Jahr. Die mächtige Wirkung eines Impfprogramms mitzuerleben, hatte großen Einfluss auf meine Entscheidung, bei der Polioausrottung mitzuarbeiten.

Rotarier sind die treibende Kraft des Programms

1988 stimmte die Weltgesundheitsversammlung (WHA) für die Ausrottung der Kinderlähmung. Rotary kam damals eine unglaublich große Bedeutung zu. Die Mittelbeschaffung macht einen Großteil der Unterstützung von Rotary aus, wie sich auf der Rotary International Convention im Juni 2017 erneut gezeigt hat. Hier haben sich die Rotarier abermals dazu verpflichtet, in den nächsten drei Jahren jährlich 50 Millionen US-Dollar für die Ausrottung der Kinderlähmung aufzubringen. Für jeden Spendendollar gibt Rotarys langjähriger Partner, die Bill & Melinda Gates Foundation, zwei Dollar hinzu und verdreifacht damit die Spendensumme. 

Am meisten beeindruckt mich aber, wie Rotarier an das Pflichtgefühl der Bürger und der Regierung in jedem Land appellieren. In Indien habe ich das selbst miterlebt. Hier stießen wir zu Beginn bei führenden politischen Vertretern auf Ablehnung, konnten aber immer auf die Hilfe örtlicher Rotarier zählen, die die Politiker schließlich doch für das Polio-Programm gewannen.

Die am schwersten zu erreichenden Kinder impfen

Zum jetzigen Zeitpunkt ist das Polio-Wildvirus vermutlich nur noch in drei Ländern im Umlauf: in Afghanistan, Pakistan und Nigeria. Die Arbeit in diesen drei Ländern gestaltet sich unglaublich schwierig, denn die Menschen dort stehen weitaus größeren Problemen als Polio gegenüber.

Wir dürfen aber diese Länder nicht einfach ignorieren oder auf später vertrösten. Wenn das Virus irgendwo überlebt, kann es sich jederzeit wieder dort ausbreiten, wo es bereits ausgerottet wurde. Wir müssen jetzt die Kinder impfen, die sich am schwersten erreichen lassen.

In meiner Tätigkeit als Epidemiologe habe ich gesehen, dass die Ausmerzung von Krankheiten möglich ist. Und ich habe gesehen, was die Polio seinen Opfern und ihren Familien antut. Diese Erfahrungen spornen mich an, weiterzuarbeiten.

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Rotary International | Dez. 16, 2024